Yoga beyond the asana: Was sind eigentlich Yamas

Wenn du dich schon bisschen länger und/oder intensiver mit Yoga beschäftigst, hast du vielleicht schon mal mitbekommen, dass Yoga mehr ist, als die sogenannten Asanas, die den körperlichen Part der Praxis ausmachen.

Im heutigen Blogbeitrag widmen wir uns den sogenannten Yamas. Doch bevor wir tiefer in die Materie eintauchen, braucht es ein bisschen Hintergrundwissen dazu.

Yoga Sutra von Patanjali

Der Weise Patanjali verfasste vor rund 2000 Jahren das Yoga Sutra. Diese Schrift ist quasi ein Leitfaden für Yoga, sie gilt als der klassische Text des Raja Yoga und besteht aus insgesamt 196 Versen. Diese Schrift beinhaltet den achtgliedrigen Yogapfad. In dieser Schrift, die wichtige Grundlagen der Yoga Philosophie beinhaltet, wird beschrieben, was Yoga überhaupt ist und wie man Erleuchtung erlangen kann.

Achtgliedriger Pfad

Im Yoga Sutra beschreibt Patanjali das Ziel von Yoga – es besteht darin, Erleuchtung zu erlangen, Eins mit dem Göttlichen zu werden. In moderneren Worten gesprochen bedeutet es ungefähr, ein sinnvolles, friedliches Leben zu führen. Wie das gelingt, beschreibt Patanjali im achtgliedrigen Pfad des Yoga. Dieser besteht aus:

  • Yamas
  • Niyamas
  • Asana
  • Pranayama
  • Pratyahara
  • Dharana
  • Dhyana
  • Samadahi

Diese Punkte sind als Etappen zu verstehen, es geht darum, sie sich step by step zu erarbeiten. Und wie du hier stehen kannst, ist Asana – also der körperliche Part der Yogapraxis – nur einer von vielen. Yoga zu machen bedeutet also viel mehr, als seine Yogamatte auszurollen.

Im heutigen Blogbeitrag widmen wir uns dem ersten Punkt, den Yamas.

Die Yamas als Verhaltenskodex

Die erste Stufe dieses achtgliedrigen Pfad – Ashtanga – sind die Yamas. Die Yamas sind eine Art Verhaltenskodex. Dieser Verhaltenskodex beschreibt, wie du als Yogi mit der Umwelt und anderen Menschen umgehen sollst.

Fünf Prinzipien der Yamas

Die Yamas wiederum teilen sich in fünf Prinzipien auf:

  • Ahimsa – Gewaltlosigkeit
  • Satya – Wahrhaftigkeit
  • Asteya – Nicht-Stehlen, Nicht-Begehren
  • Brahmacharya – die Achtung vor sich selbst & anderen, auch in intimen Beziehungen
  • Aparigraha – Bescheidenheit, das Nicht-Besitzen wollen

Patanjali beschreibt die einzelnen Yamas in seinem Yoga Sutra im Detail.

Yama Ahimsa | Gewaltlosigkeit

Als erstes der fünf Yamas, die Patanjali formuliert hat, steht Ahimsa für Gewaltlosigkeit – ein Leben ohne Gewalt, dir selbst, anderen Menschen und der Umwelt gegenüber. Dieses Yama ist auch das wichtigste Grundprinzip im Yoga.

Ahimsa beginnt bei uns selbst und damit, wie wir mit uns selbst umgehen. Ahimsa meint, dass wir in einem ersten Schritt gewaltlos und friedlich mit uns selbst umgehen und damit auch unseren inneren Kritiker zum Schweigen bringen.

In einem weiteren Schritt bedeutet Ahimsa, mit unseren Mitmenschen friedlich umzugehen. Gewaltlosigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur, keine physische Gewalt anzuwenden, sondern auch gewaltfrei zu kommunizieren, Verständnis und Mitgefühl den anderen Menschen um uns herum entgegen zu bringen.

Ahimsa & Umweltgedanke

Ahimsa bedeutet aber auch, bewusst und achtsam mit unserer Umwelt umzugehen, Stichwort Klimaschutz.

Ahimsa zu leben, heißt, keinem Lebewesen Gewalt anzutun, respektvoll miteinander umzugehen und Respekt füreinander zu haben. Ahimsa bezieht sich auf Gedanken, Worte und Taten.

Ahimsa auf deiner Yogamatte

In deiner körperlichen Yogapraxis kann Ahimsa ebenfalls unterschiedliche Ausprägungen haben. Ahimsa auf deiner Matte zu leben heißt, dass du während deiner Praxis nicht allzu streng zu dir bist, dass du auf deinen Körper hörst, deine Praxis so anpasst, dass sie zu deiner körperlichen Verfassung passt und dich nicht in Positionen zwingst, die nicht gut für deinen Körper sind. Ahimsa auf der Yogamatte bedeutet aber auch, dass du nicht über andere Yogis urteilst.

Yama Satya | Wahrhaftigkeit

Das zweite Yama ist Satya und bedeutet Wahrhaftigkeit. Das zweite der fünf Prinzipien aus dem Yoga Sutra von Patanjali steht dafür, wahrhaftig, authentisch, echt zu sein.

Bei diesem Yama geht es darum, ehrlich zu sein – zu sich selbst und anderen gegenüber. Die Wahrheit zu sprechen, keine Lügen zu erzählen und sich nicht zu verbiegen. Ehrlich zu sich selbst zu sein ist vor allem in der Asana-Praxis essenziell. Das Yama Satya auf der Yogaatte gelebt bedeutet nämlich, sich selbst einzugestehen, wie weit man gehen kann oder möchte, welche Asanas einem gut tun und welche Asanas man vielleicht gar nicht mag, welche Asanas für den eigenen Körper auch gar nicht zugänglich sind. Und dann auch entsprechenden zu handeln. Sich nicht in Positionen zu zwingen, nur weil alle Yogis im Raum diese Asana gerade machen, sondern sich stattdessen eingestehen, dass man physisch – aus welchen Gründen auch immer – (noch) nicht so weit ist und eine andere Variante zu wählen.

Yama Asteya | Nicht-Stehlen, Nicht-Begehren

Das dritte der fünf Yamas, die im Yoga Sutra von Patanjali, beschrieben sind, ist Asteya. Asteya bedeutet so viel wie nicht-besitzen-wollen und beschreibt die Abwesenheit von Begierde. In Zeiten, in denen wir immer mehr wollen, besonders wichtig.

Wer nach diesem Yama lebt, will nicht viel besitzen und weiß, dass es nicht immer das neueste Handymodell und Unmengen an neuer Kleidung braucht, um zufrieden und glücklich zu sein.

Bei Asteya geht es darum, sich von diesem Verlangen nach materiellem Besitz zu befreien und einen angemessenen Lebensstil zu verfolgen.

Yama Brahmacharya | Achtung vor sich & anderen

Das vierte Yama, das Patanjali im Yoga Sutra beschreibt, ist Brahmacharya und bezog sich traditionell auf das Thema Enthaltsamkeit. Heute kann man das vierte der fünf Yamas aber ein bisschen weiter fassen.

Modern interpretiert beschreibt Brahmacharya nämlich, dass wir Menschen unsere Energie sinnvoll und für die richtigen, wichtigen Dinge nutzen sollen. Wir sollen keine Energie darauf verwenden, uns in Rollen zu zwängen, Erwartungen von anderen Menschen zu entsprechen oder um uns zu verstellen. Wer Brahmacharya lebt, der verzichtet auf Energieverschwendung in sämtlichen Bereichen und bemüht sich um eine Lebensweise, die zufrieden macht, unbeeinflusst von externen Einflüssen wie Konsum oder Besitz.

Yama Aparigraha | Bescheidenheit

Als fünftes der Yamas beschrieb Patanjali Aparigraha als „Nicht besitzen wollen“. Beim letzten der fünf Yamas geht es um Freiheit von Gier und Verlangen.

Wir Menschen tendieren dazu, besitzen zu wollen – immer mehr, immer teurer, sich an materiellen Gütern festzuklammern. Doch dieser Besitz reicht nicht aus, stattdessen hat man immer auch im Fokus, was die anderen haben, was man selbst vielleicht nicht hat.

An diesem Grundproblem setzt das letzte der Yamas an: Aparigraha beschreibt, Bescheidenheit zu leben. Diese Bescheidenheit bezieht sich allerdings nicht nur auf den materiellen Besitz, sondern auch auf die Lebenseinstellung und Denkweise der Menschen.

Aparigraha empfiehlt, den Fokus darauf zu richten, was man wirklich braucht – und das sind wahrscheinlich nicht, das neue technische Gerät alle zwei Jahre oder das zehnte Paar Schuhe. Und bedeutet euch, die Dinge loszulassen, die wir eben nicht brauchen und uns bewusst davon zu trennen. So schwer das manchmal fällt.

Die Yamas als Teil einer umfassenden Yogapraxis

Mit den Yamas gibt Patanjali in seinem Yoga Sutra eine Empfehlung, wie man sein Leben gestalten kann und im Endeffekt wie man Yoga auch abseits der Matte leben kann. Die Yamas und Niyamas zeigen uns, dass Yoga zu machen so viel mehr bedeutet, als Asanas zu praktizieren und regelmäßig zu meditieren. Yoga ist eine ganzheitliche Lebenseinstellung, zu der viel mehr gehört als Flexibilität, Stärke und Motivation, immer wieder die Matte auszurollen.

Vielleicht ist dieser Einblick in die Yamas ja eine Motivation für dich, Yoga auch off the mat zu leben und ein paar dieser Yamas und Gedanken, mit in deinen Alltag zu nehmen.